Besuch im AWO-Seniorenzentrum Ortenburg mit MdL Bernhard Roos

08. Juli 2018

2018  AWO-Besuch

v.l.: Paula Niederhofer, 1. Vors. Franz Diewald, MdL Bernhard Roos, Landtagsdirektkandidatin Sabine Mayerhofer, Franz Wührer, Dr. Waltraud Weigel, Johann Krapf, Bezirkstagsdirektkandidat Andreas Winterer, Einrichtungsleiter Ulrich Buchberger, Xaver Krompaß, Reinhard Klessinger, Reinhard Köppl

Pflege in Ortenburg noch in Ordnung?

Mit bald täglichen Medien-Schlagworten wie „Pflegenotstand“, oder „Zehntausende haben den Beruf verlassen“ oder „Wir laufen auf eine Katastrophe zu“ und der Frage, ob die „Pflege in Ortenburg noch in Ordnung“ sei, leitete SPD-Ortsvereinsvorsitzender Franz Diewald das Fachgespräch mit Ulrich Buchberger, Einrichtungsleiter des AWO-Seniorenzentrums, über die Pflegesituation vor Ort in Ortenburg ein. Sein Gruß galt neben den Vorstandsmitgliedern der örtlichen SPD besonders MdL Bernhard Roos, Landtagsdirektkandidatin Sabine Mayerhofer aus Neuhaus und Bezirkstagsdirektkandidat Andreas Winterer aus Vilshofen sowie Franz Wührer von der SPD Haarbach. Diese pauschalen Urteile gelten zumindest nicht für das AWO-Seniorenzentrum, konnten die Gesprächsteilnehmer am Ende zufrieden konstatieren. Nach einer kurzen Schilderung über das 2005 neu erbaute Seniorenzentrum mit seinen 90 Plätzen, 66 Einzel- und 12 Doppelzimmer, 95 Beschäftigten zeigt eine 99-prozentige Auslastung, dass die Einrichtung hier hohes Ansehen genießt und man mit der Pflege ganz offensichtlich sehr zufrieden ist. Aber: Es wird wahrscheinlich immer schwieriger werden Doppelzimmer zu vermieten, obwohl sie eine finanziell attraktive Alternative zum Einzelzimmer sind, sie werden aber teilweise der Würde der Pflegebedürftigen nicht gerecht. Neben der rein ökonomischen Bedeutung als großer Arbeitgeber mit entsprechendem Umsatzvolumen werde das Seniorenzentrum weiterhin ein offener Ort der Begegnung der Generationen sein mit vielen Angeboten für Heimbewohner, Angehörige und Besucher, versprach Buchberger. Dass künftig das Pflegeangebot um 15 Tagespflegeplätze gerade unter dem Dach der AWO erweitert werde, wurde von den Gesprächsteilnehmern begrüßt, ein Gewinn für den Standort Ortenburg. Es werden acht neue Arbeitsplätze geschaffen. Neue private Investorenmodelle, in denen die Rendite auf dem Rücken der Pflegekräfte und der Pflegebedürftigen im Vordergrund stehe, wurden überaus skeptisch bewertet von den SPD-Besuchern. Einmütige Forderung war, dass der Wettbewerb nicht über den Preis gehen dürfe, sondern die Qualität der Pflege Maßstab sein müsse. „Da habe man keine Sorge“, zeigte sich der Einrichtungsleiter zuversichtlich, denn die Heimaufsicht/FQA gemäß dem Pflege- und Wohnqualitätsgesetz (PfleWoqG) bestätigt uns regelmäßig die hohe Qualität unserer Pflegeleistungen.“ „Nicht jeder ist für den Pflegeberuf geeignet“, sagte Buchberger. Der Stress sei groß, die psychischen Belastungen und die körperlichen Anforderungen durch schweres Heben und Schichtdienste seien enorm. Umso mehr freue es ihn, dass alle neun angebotenen Ausbildungsplätze besetzt sind. Dass ein Azubi im ersten Lehrjahr immerhin 1050,- Euro verdiene, überraschte, er sei im Vergleich zu vielen anderen Lehrberufen durchaus gut bezahlt. Und man wolle natürlich alle diese Fachkräfte übernehmen, deren Einstiegsgehalt bei Vollzeit bei ca. 2650,- Euro ohne Zuschläge liege. In unserem Haus lägen wir mit einer Fachkräftequote von 62 Prozent deutlich über den gesetzlich vorgeschriebenen 50 Prozent, betonte Buchberger. Gerade mit zunehmender Berufsdauer würden sich einige zu Fachkräften weiterbilden. „Bei uns hier ist der Markt für Pflegehelfer leer“, stellte Buchberger fest. Ob das neue Pflegeberufsgesetz dem Mangel abhelfen könne, sei eher unwahrscheinlich. Zwar bleibe das Berufsbild des Altenpflegers erhalten, doch gebe es viel zu wenig Interessenten. Dem Mangel an Pflegekräften mit Anwerbungen aus dem nicht deutschsprachigen Ausland abzuhelfen ist für Buchberger bestenfalls eine Notlösung. Die Mentalität und vor allem die Sprachhürde hält er für gravierend. Dann, wenn die Pflegebedürftigen ihren Lebensabend verbringen würden, wäre eine ganz persönliche Kommunikation und vertraute Ansprache oft der entscheidende Faktor für Lebensqualität. Etwa 4 Jahre würden die Bewohner im Seniorenzentrum im Schnitt noch verbringen, deren Durchschnittsalter liege bei 83,6 Jahren, viele hätten den Pflegegrad 4 oder 5. Allgemein ist die Entwicklung der Pflege in Deutschland alarmierend. Die Gesellschaft altert, der Bedarf an Pflegekräften steigt. In Deutschland fehlen bereits heute 15.000 Stellen in der Altenpflege, so werden es 2030 über 400 000 sein, so Buchberger. Angesichts dieser Zahlen waren sich die Gesprächsteilnehmer einig, die Politik müsse sich endlich um die Menschen kümmern, die sich um andere Menschen kümmern. Dass Maschinen reparieren besser bezahlt wird als Menschen pflegen, sei eine Schande. Der „Pakt für anständige Löhne“, den die LandtagsSPD von der Staatsregierung fordert, sei der richtige Weg dafür. Durch die immer größere Belastung der einzelnen Pflegekräfte habe der Beruf stark an Attraktivität eingebüßt, übten viele ihren Beruf nicht aus. Ein allgemein verbindlicher Tarifvertrag müsse ganz oben auf der politischen Agenda stehen, war eine weitere Forderung: er könnte dazu beitragen, den Wettbewerb nicht allein über die Minimierung der Lohnkosten zu führen. Die vom Gesundheitsminister versprochene Zahl an zusätzlichen Pflegekräften sei nicht mal ein Tropfen auf den heißen Stein, merkte Andreas Winterer kritisch an. Da die gesetzliche Pflegeversicherung in der Regel nur einen Teil der Kosten im Pflegefall abdeckt, muss MdL Bernhard Roos zufolge die Pflegeversicherung zu einer „Vollkaskoversicherung“ ausgebaut werden, weil immer mehr Menschen auf Pflege angewiesen sind und sie sich nicht leisten können

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